Dienstag, 18. September 2012

Rien ne va plus!



Eine ethnologische Exkursion ins Kasino lohnt sich. Wenn meist nicht finanziell, dann doch im Erfahrungswert. Mich hat es zum Nachdenken gebracht. Ganz besonders in Kombination mit diesem Ausschnitt, der in meinem letzten Post vorgestellten, Rede von Sapolsky. Was bewegt diese alte Dame am Rouletttisch bis um 2 Uhr nachts ein Plastikplättchen nach dem anderen in den Schlund der Croupiers verschwinden zu lassen? Was motiviert sie? 

Dopamin ist ein wichtiger Spielgefährte. Ein allseits bekannter Akteur des Gehirnchemietheaters, der immer als die „Belohnungsdroge“ verschriehen ist. Doping, gedopet, Dope... Dopamin erinnert an aufputschen, verbessern, berauschen. Diese Ähnlichkeit ist verwirrend, denn eigentlich kommt das Wort Dopamin von DOPA (Dihydroxyphenylalanin), einer chemischen Vorstufe für diesen Stoff.
Dopamin wird besonders von Zellen im ZNS in der Substatia nigra, einem kleinen sehr alten Teil unsers Gehirns hergestellt. Diese reichen mit ihren Synapsen an Zellen des limbische Systems, dem Frontallappen der Grosshirnrinde und in mit der Motorik assozierte Bereiche der Basalganglien.



Für unsere Motivation sind sicherlich die zwei ersten Bahnen am interessantesten.
Laut dem deutschen Wikipediaartikel wird es auch als "Glückhormon" bezeichnet. Es ist tatsächlich so, dass Dopamin wahrscheinlich für das Wahrnehmen eines „Flow“s verantwortlich ist. Diese Art von Empfindung hat jeder von uns wohl schon erlebt: man macht etwas, dass einem Spass macht und vergisst die Welt umsich herrum. Wir empfinden diesen Zustand als sehr angenehm. Es ist eine Art Trance, im höchsten Moment der Motivation. 
Tätigkeiten, die ein solchen Zustand hervorrufen sind bei jedem unterschiedlich: bei manchen ist es lesen, billiardspielen, mathematische Gleichungen lösen, ein Stuhl bauen, ein Bild malen… Es ist von Vorteil wenn man diese Tätigkeit zum Beruf hat. Es fehlt einem wohl kaum an Motivation. Während eines Flowerlebnisses ist unsere Kreativität in höchstform. Gedanken fliegen nur so hin und her. Mihaly Csikszentmihalyi hat zu diesem Thema geforscht und festgestellt ein Optimum von Herausforderung und Fähigkeit machen eine Tätigkeit zu einem Flowerlebnis.
Zurück zum Kasino: Sicher hat die alte Dame am Rouletttisch ein Flowerlebnis. Sie überlegt wie sie am besten setzen soll. Auf diese oder jene Reihe oder doch auf eine Zahl? Auf Nummer sicher gehen oder volles Risiko? Es ist komplex, eine Herrausforderung. Welches ist die beste Taktik? Wenn sie gewinnt (und das tut sie ab und zu an einem Rouletttisch) denkt sie es war die Richtige! Sie hat das Spiel durchschaut! Sie denkt sie hat die Fähigkeit diese schwere Aufgabe, beim Roulette zu gewinnen, zu beherrschen.
Doch was passiert in ihrem Gehirn?
Das limbische system  spielt wahrscheinlich beim Flowerlebnisein eine große Rolle. Es heisst Glückgefühle kämen von der Ausschüttung von Dopamin an den Synapsen des Nucleus Accumbens, teil der Basalganglien und somit des limbischen Systems. Hier wirken sowohl Kokain als auch Amphetamine. Wenn es nicht richtig funktioniert, fühlen Menschen sich antriebslos und lustlos. Entsteht hier auch der Flow?
Es ist wieder etwas komplizierter und man weiß eigentlich noch gar nicht so richtig, wie das Flowgefühl entsteht. Man kann es schwer aktiv hervorrufen, weder im Tier noch im Menschen. Forscher aus Aachen haben  2011 versucht die Gehirnaktivität während eines Egoshooterspieles aufzunehmen und anhand des Spielverlaufes zu rekonstruieren, wann ein Flowerlebnis wahrscheinlich aufgetreten ist. Beim Computerspielen empfinden viele Menschen ein Flowerlebnis. Dafür werden solche Spiele auch konzipiert.  Tatsächlich  konnten sie feststellen, dass sowohl der Nucleus accumbens als auch sensorimotorische (die Wahrnehmen und Bewegung steuern) und cognitive Zentren im Cortex  aktiviert werden. Es scheint also eine Verbindung aus der Aktivierung des sogenannten Belohnungssystem (Nucleus Accumbens), das eine Art Glückgefühl hervorruft und der Aktivierung unsere Bewegungs- und Denkapparats, wahrscheinlich in Verbindung mit einer erhöten Aufmerksamkeit, zu sein, die als Flow wahrgenommen wird und uns so sehr motiviert weiterzumachen.
So vielleicht kann man sich vorstellen, was einen dazu motiviert, sein ganzes Geld an einem Rouletttisch zu verprassen. So kann man, die in uns vorhandene Motivationsmachinerie gnadenlos  missbrauchen um sich unglaublich zu bereichern. Clever gemacht liebe Kasinobetreiber!



Klasen, M., Weber, R., Kircher, T. T. J., Mathiak, K. a, & Mathiak, K. (2012). Neural contributions to flow experience during video game playing. Social cognitive and affective neuroscience, 7(4), 485-95. doi:10.1093/scan/nsr021
 Mihaly Csikszentmihalyi Flow. Klett-Cotta, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-608-94555-3.

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