Montag, 6. Dezember 2010

Chaos-theorie der makroevolution

Im Newscientist erschien vor kurzem dieser Artikel von Keith Bennett ein Professor für spätquartenäre Umweltveränderungen (Das heißt in den letzten 12000 Jahren) an der Queens University in Belfast. In diesem Artikel beschreibt der Autor wie Makroevolution (evolutionäre Vorgänge die über die Artgrenzen hinaus wirken z.b. entstehen neuer Familien ) sich nicht durch  mirkoevolutive Prozesse (Adaptation an Umweltbedigungen durch Selektion von Variationen) erklären lasse. Veränderung der Klimatischen Verhältnisse auf der Erde hätten in der Vergangenheit nur selten zur Anpassung oder Austerben von Arten geführt sondern eher zu Auswanderungen. Er zieht jedoch aus diesem Zusammenhang einen drastischen Schluss:
"With the benefit of hindsight, we might be able to understand what happened, and construct a plausible narrative for those events, but we have no foresight.
This view of life leads to certain consequences. Macroevolution is not the simple accumulation of microevolutionary changes but has its own processes and patterns. There can be no "laws" of evolution. We may be able to reconstruct the sequence of events leading to the evolution of any given species or group after the fact, but we will not be able to generalise from these to other sequences of events. From a practical point of view, this means we will be unable to predict how species will respond to projected climate changes over next century."
Das ist eine sehr provokante Aussage, die, in meinen Augen, etwas fatalistisch klingt. Ich habe dazu noch einen Spezialisten in Sachen Evolutionstheorie befragt. Der Diplombioinformatiker Christoph Hösler von der Universität Tübingen promoviert zur Modellierung Evolutionärer Prozesse und war so freundlich mir seine Meinung zu diesem Text mitzuteilen (Achtung jetzt wird das ganze etwas spezieller):

"Interessant. Ich kann wenig über die Analyse der gefunden Fossilien sagen, außer, dass ich mir sicher bin, dass sie Lückenhaft ist. Es ist bestimmt nicht richtig, dass nur eine Spezies durch nicht anthropogene Einflüsse ausgestorben ist. Was ist denn mit asexuellen Spezies? Hat er die auch mitgezählt? Und da kommen wir zu einem wesentlichen Punkt: Was ist denn eine Spezies in seinen Augen? Man kann ja höchstens per Indizien (morphologisch oder molekular) Cluster definieren, aber es wird immer ein Kontinuum bleiben.

Trotz der Kritik: Es ist anscheinend tatsächlich so, dass unter starken Umweltveränderungen nur wenig morphologische Veränderungen sichtbar sind. Ein Idee ist, dass dies mit Between-Species Competition zu tun hat. Wenn andere Spezies Nischen besetzen, die am Ressourcenmaximum sind (sehr abstrakt gesprochen, ich weiß. Was ich ungefähr meine ist, dass andere mehr zu essen haben, weil sie zB. nicht Trüffel sondern Weizen essen können.) macht es für mich weniger Sinn meine Nichte zu verlassen, also mich zu adaptieren, wenn ich dadurch das Risiko eingehe die Konkurrenz zu verlieren. (siehe Johansson J., Evolution (2007), Evolutionary responses to env. changes ...)

Wohin führt uns das ganze? Natürlich ist Makroevolution ein komplexer Prozess, der stark von der Umwelt einer Spezies Abhängt, also auch anderen Spezies. Und je komplexer ein System ist, desto schwieriger ist es ein Muster zu erkennen, also ein Modell dieses Systems zu erstellen. Ob dass jetzt unsere Vorstellung von Evolution verändert, bezweifele ich. Ob es Evolutionsbiologen dazu treibt vor der Komplexität zu kapitulieren auch."

Die Debatte bleibt also spannend. Für unser aller Zukunft heißt das wohl das wir sehr vorsichtig mit Vorraussagen der Klimaforschung umgehen müssen, was den Einfluss von Klimaveränderungen auf biologische Systeme angeht. Die Komplexität des Systems erlaubt nur ungefähre aussagen.